Stadtratssitzung am 17.06.2020/ Kitagebühren
Kita-Gebührenerhöhung in Greiz zunächst verschoben

In der Stadtratssitzung vom 17.06.2020 kochten die Emotionen zwischen den einzelnen Rednern der Fraktionen hoch, denn es ging u.a. um die von der Verwaltung initiierte 18 %ige Erhöhung der Gebühren für die Benutzung der Kindertagesstätten in Greiz von derzeit 130 € auf zukünftige 153 € monatlich. Dies wurde mit 17 Ja-Stimmen aus IWA, SPD, AfD-Bürgerfraktion, FDP und 2 Stimmen der LINKE sowie 11 Enthaltungen vertagt und in die zuständigen Ausschüsse zur nochmaligen Beratung und umfassender Elternbeteiligung verwiesen.
Hier sind unsere Statements.
Andrea Jarling:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herr Vorsitzender, liebe Stadträte und Gäste,
beim Tagesordnungspunkt Kita-Gebührenerhöhung tun sich unzählige Fragen für uns auf.
Warum erhöhen wir die Gebühren? Warum werden in § 8 Abs. 1 und 2 des Satzungsentwurfs einmal von Prozenten, so dann von gerundeten Gebühren gesprochen? Das ist verwirrend und wäre klarzustellen. Eine der interessantesten ist die, warum Eltern in der Anhörung einer Erhöhung zustimmen, ja keine Einwände vorbringen? Vielen Dank an dieser Stelle an die Verwaltung für die Übersendung des Anhörungsschreibens des Stadtelternsprechers von Greiz. Wie wurden die Eltern informiert, was wurde gesagt? Neue Standards bedingen höhere Kosten. Aber wir haben auch mehr Kinder. Zwei beitragsfreie Kita-Jahre hat der Landtag beschlossen. Bonbons, die wir nun teilweise – bei einer Gesamtbetrachtung – den Eltern wieder wegnehmen. Für ein Kind, dass im August 2020, weil es nunmehr ein Jahr alt ist, in den Kindergarten kommt (werden für 3 Kindergartenjahre bisher 130 € x 36 Monate 4.680 € fällig. Durch die geplante Erhöhung sind tatsächlich 5.508 €) mithin 828 € mehr zu zahlen. Natürlich wird den Eltern vorgerechnet, dass sie sparen, weil man die beiden gebührenfreien Jahre mitrechnet, Erhöhung gegen Entlastung abwägt. Das sind aber Geschenke des Landtags und der Landesregierung, mithin freiwillige Aufgaben, die in der Krise, auch schnell mal wieder abgeschafft werden könnten. Auch wenn wir darauf bauen, dass das so bleibt, muss man sich doch mal Gedanken darüber machen, was das für ein Zeichen ist, was wir das setzen? Eines der wenigen Alleinstellungsmerkmale die Greiz in Bezug auf junge Familien hat sind die niedrigen Kita-Gebühren. Wenn mir jemand sagt, wir machen das, um vom Land mehr Geld zu bekommen, was wir sicherlich brauchen, frage ich mich, ob die Verwaltung beim Land angefragt hat, wie die vielen „Extras an Standards“ eine Stadt wie Greiz ohne weitere Zuschüsse finanzieren soll? Stattdessen holen wir die rund 140.000 € bei den Eltern? War es nicht Ziel der von uns gewählten Vertreter im Thüringer Landtag, dass sie die Eltern entlasten? Wer weiß überhaupt davon, dass im ThürKitaG verankert ist, dass Maßstab für die Berechnung des Zuschusses für die beitragsfreien Kinder das Durchschnittsentgelt am 01.03. des Jahres ist? Wir erhöhen aktuell, um den Eltern in die Tasche zu greifen. An dem was Thüringen zuzahlt, ändert sich bis nächstes Jahr August nichts. Mal ehrlich liebe Stadträte, die sie wiedergewählt wurden. Erinnern Sie sich an 2018? Wir hatten Haushaltsicherung. Wir brauchten dringend Einnahmen. Wir hören aktuell in regelmäßigen Berichten über die tatsächlichen Einnahmen und freuen uns darüber, dass diese noch in den Prognosen liegen. Was ist in 3 Monaten? Ohne echt trifftigen Grund sollen wir heute eine Erhöhung nicht beschließen. Wissen die Eltern, dass dieses Geld nicht zweckentsprechend verwendet wird, sondern im Haushalt untergeht? Wir haben einen Haushalt, kennen den Stichtag 01.03. Warum jetzt? Lassen Sie uns eine Abstimmung zeitlich verschieben; hier reicht Februar 2021 oder in Ausschüssen nicht nur präsentieren, sondern ernsthaft die aufgeworfenen Fragen inhaltlich diskutieren, wenn wir mehr über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie wissen. In Zeiten von Kurzarbeit, zunehmender Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichem Abschwung ist das jedenfalls nicht das Zeichen, das die IWA setzen wird. Für den Fall, dass es zur Abstimmung kommt, beantragen wir namentliche Abstimmung.
Jens Geißler
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Abgeordnete,
als erstes mal einen Dank an all die fleißigen Arbeitnehmer, die Selbständigen, die in der ganzen Zeit, in der Coronazeit gearbeitet haben, die Steuereinnahmen erwirtschaftet haben, über die wir heute reden. Es wird wieder das gleiche versucht, wie bei der Haushaltsdebatte. Mit welcher Begründung muss man denn heute wieder mit Gewalt versuchen, diese Kindergartengebühren durchzupeitschen. Mich wundert, dass der Bürgermeister nichts in der Stadtratssitzung heute gesagt hat. Heute im Ältestenrat ist bekannt geworden, dass wir die 1,3 Mio. € jetzt als Stadt bekommen. D.h., wir haben zurzeit ein finanzielles Polster. Wir wissen aber alle, und das kann ich nur nochmal wiederholen, dass die schwierige Zeit jetzt erst kommt. Die meisten Betriebe hatten noch Aufträge vom vorigen Jahr oder haben die in Januar/Februar bekommen und gehen jetzt erst in die Kurzarbeit und dass massiv. Es kann mir hier jeder in Greiz – denke ich mal – glauben, dass ich sehr, sehr viele Geschäftsleute und sehr viele Betriebe kenne, auch was da passiert. Ich denke, wir werden alle miteinander gut daran tun, wenn wir heute beschließen, diese Beschlussvorlage zu verschieben, zurückzuverweisen in den Ausschuss und dann entsprechend im Oktober oder November beraten, wenn wir dann die neue, zwischenrein geschobene Steuerschätzung haben. Und die hat das Land oder der Bund nicht zwischenrein geschoben, um zu sagen, er macht zwischendurch mal ´ne Steuerschätzung, weil er der Meinung ist, es fetzt. Ich habe gestern ja fast gedacht, dass die Bundeskanzlerin in die IWA eingetreten ist. Sie hat gestern in der Fraktionssitzung der Bundes-CDU bekannt gegeben, dass die wirtschaftliche Situation in Deutschland äußerst prekär, äußerst gefährdet ist. Deshalb kann ich den Antrag nur unterstützen, das entsprechend in die Ausschüsse zu verweisen, zu warten, wie die Steuerschätzung im September ist und zu gucken, wie wir uns hier weiter in Greiz entwickeln und dann über realistische Zahlen zu reden. Dann können wir weitersehen, wie wir uns verhalten. Dankeschön!
Philipp Wünsch
Sehr geehrte Damen und Herren,
ganz kurz vorweg ein kleines Beispiel, eine Anmerkung zur ersten Folie zum eingeschränkten Regelbetrieb. Auch von mir ein großes DANKE an die Verwaltung. Das war mit Sicherheit eine Mammutaufgabe, das irgendwie hinzukriegen. Aber das Beispiel anhand meines Bruders, der im Lebensmittelhandel arbeitet: Die Notbetreuung, den er nutzen konnte, war gut für ihn, war wichtig und ohne Abrechnung der Arbeitszeit. Danach kam der eingeschränkte Regelbetrieb mit der Einschränkung, für zwei feste Tage in der Woche ohne Abstimmung der Arbeitszeit. Das ging zu Lasten seines Urlaubs und seines Geldbeutels, weil er in den Tagen, in denen er nicht das Kind unterbringen konnte, dann sich privat um Betreuung kümmern musste. Ich hoffe, es kommt keine zweite Welle, aber wenn es so sein sollte, bitte ich dahingehend vielleicht nochmal zu überlegen, dieses Konzept zu ändern. Die Betreuung ist ja seit dieser Woche wieder täglich, aber das war eben jetzt zuletzt so. Zum Thema Gebühren: Auch ich habe im Ausschuss dafür gestimmt. Auch ich sage, dass war vor „Corona“. Und ich will es noch einmal ganz deutlich sagen. Klar gibt es das zweite beitragsfreie Kindergartenjahr, das wird auch so, wie wir die Gebühren beschließen vom Land gezahlt. Aber eine Mutter die ihr Kind JETZT in den Kindergarten steckt, was JETZT in das zweite Lebensjahr kommt, die hat JETZT die Mehrbelastung, nach oder während der Kurzarbeit oder vielleicht Arbeitslosigkeit oder Sonstiges. Sie muss JETZT 3 Jahre lang pro Kind 23 € mehr bezahlen. Sie bekommt in 4 Jahren das eine Jahr frei und hat am Ende mit der Mischkalkulation ein Plus. Aber JETZT hat sie 3 Jahre lang Mehrkosten. Danke.