Ist die Fusion bereits entschiedene Sache? Frau Schweinsburg: „An einen Tisch, an dem gejammert wird, setzt sich niemand nieder!“ Die Geschäftsführer haben vom Aufsichtsrat den klaren Arbeitsauftrag, beide Standorte zu erhalten. Fragen über Fragen.

Zu einer Informationsveranstaltung des Betriebsrates der Kreiskrankenhaus Ronneburg Fachklinik für Geriatrie GmbH erschienen neben einer Vielzahl von Mitarbeitern, Stadträte von Ronneburg, Kreisräte, Frau Schweinsburg und Interessierte.

Foto: Lokschuppen Ronneburg /Foto Jarling GbR

Die Spekulationen sprudeln hoch. Gerade vor 1 ½ Monaten wurde den Mitarbeitern und Kreistagsmitgliedern offenbart, dass man die Krankenhäuser Greiz und Ronneburg mit einander fusionieren möchte. Die Entscheidung hätte dazu bereits Anfang März getroffen worden sollen. Mit dieser an den Tag gelegten Hektik um die Fusion ist es auch kein Wunder, dass Frau Vogel vom Betriebsrat in ihrer Ansprache klare Worte fand: Es gibt kaum Informationen zur Fusion. Ein Konzept wurde nicht vorgelegt. Es gibt Arbeitsgruppen, da säße aber kein Mitarbeiter von Ronneburg drin, so dass man die Mitarbeiterbeteiligung vermisse. Teamleitungen und Abteilungen würden nicht mitgenommen. Viele eigene Recherchen hätten zu weiteren Fragen geführt. Warum gibt es einen Antrag beim Ministerium auf Auslagerung von 25 Betten wegen eines Umbaus in Ronneburg? Was soll denn umgebaut werden? Eigentlich bräuchten wir doch nicht nach Greiz auszuweichen, denn wir haben ein aus Eigenmitteln finanziertes ganzes Haus fertig zur Verfügung. Man hätte es letzte Woche am Ministerium sehr kritisch gesehen, als beide Geschäftsführer dort waren, kein Raumkonzept, kein Personalkonzept in petto hatten für die Auslagerung. Beide Geschäftsführer seien darauf hingewiesen worden, dass die Bettenauslagerung eine Öffnung der Geriatrie bedeuten könnte und u.a. andere Krankenhäuser mit ähnlichen Ideen auf den Plan riefe. Das SRH Waldklinikum Gera, so berichtet sie, wäre froh, wenn man Patienten abnehmen könnte. Gera sei keine Gefahr! Die derzeitige Eigenauslastung läge daran, dass Pflegepersonalmangel herrsche. Wie ist die Bettenauslastung in Greiz? Viele Fragen seien offen, die vor einer Fusion zu beantworten seien, z.B. wie geht es mit der Verwaltung weiter (hier hatten 3 Mitarbeiter gekündigt, die Stellen werden aktuell aber nicht besetzt), mit der IT / Digitalisierung? Gerade würde aber in Digitalisierung nicht investiert, obwohl bis Ende 2023 ein fertiger Plan diesbezüglich stehen müsste. Wurden überhaupt andere Varianten als Fusion geprüft? Synergien nutzen und Verwaltung bündeln – wie soll das aussehen? Man habe in der Mitarbeiterversammlung von Mitte Februar 2022 davon gesprochen, dass man Mehrwertsteuer sparen könnte, wenn man unter einander verrechne, aber von welcher Größenordnung gehe man da aus? Man müsse wissen, wo steht Ronneburg, wo Greiz? Warum wurden Chefarzt oder Pflegedienstleiterin nicht involviert? Warum geht die REHA-Klinik Ronneburg nicht schon an den Start? Der Leerstand bringt auch nichts, weil die Betriebskosten und die Abschreibung ohnehin entstehen. Jedes Unternehmen braucht seine Anlaufzeit, in der es auch Verluste gibt, dass weiß man schließlich vorher.

Frau Schweinsburg gibt zunächst zu bedenken, dass die ihr eingeräumte Redezeit kaum ausreichen wird, die vielen gestellten Fragen zu beantworten. Und sie räumt ein, dass man vieles transparenter hätte kommunizieren müssen. Sie stellt die rhetorische Frage, warum sollten die Aufsichtsräte zwei Krankenhäuser fusionieren wollen, wenn es das Ronneburger Krankenhaus gefährden würde? Sie meint, man müsse ehrlich sein miteinander. Sinn der Fusion sei es, beide Krankenhäuser zukunftssicher aufzustellen. Im November 2021 sei im Ministerium verlautbart worden, man wolle weg von den reinen Fachkliniken. Man könnte die Fachklinik einfach auslaufen lassen und später die Pflegeheim GmbH schlicht erweitern. Nein, man wolle das medizinische Angebot ausbauen, verbreitern. Die Station in Greiz soll nur eine Ergänzung sein. Die Patienten sollen zugunsten von Ronneburg abgerechnet werden. Das ist eine reale Chance und das Potential müsse erschlossen werden. Auf Dauer wird man sich keine rückwärtigen Dienste – Schweinsburg sprach von der IT – mehr leisten. Das heißt aber nicht, jemandem zu kündigen. IT der Verwaltung kann verbunden und ausgelagert werden, keiner muss deshalb nach Greiz fahren. Wir müssen optimieren, wollen wir die medizinische Versorgung weiter ausbauen. „An einen Tisch, an dem gejammert wird, setzt sich niemand nieder“ bringt sie ihren Unmut weiter zum Ausdruck, dass die Mitarbeiter selbst ihr Haus schlecht reden würden, mit Plakaten im Umland auf die Situation aufmerksam machen würden. Damit suggeriert sie mit Blick auf die aktuelle Auslastungsquote von 71 %, dass die Mitarbeiter selbst Probleme schaffen, die neues Personal von einer Bewerbung in Ronneburg abhalten würde. Stolz berichtet sie, dass sie aus den ukrainischen Flüchtlingen bereits 6 Pflegekräfte rekrutieren konnte. Attraktivität an beiden Standorten ist gefordert. Die Geschäftsführer haben vom Aufsichtsrat den klaren Arbeitsauftrag, beide Standorte zu erhalten. Wir werden sehen, wenn die Corona-Hilfen wegfallen. Wir werden sehen müssen, wenn alle Krankenhäuser im Umfeld eine Geriatrie aufbauen können. Dazu müssen wir vorbereitet sein und wir brauchen jeden Mitarbeiter, ob im medizinischen Bereich oder Nebenbereichen.

Auf eine Frage, wie in Greiz bei gleicher Personalmangelsituation die 25 geriatrischen Patienten betreut werden sollen antworte die Landrätin, „Ihr habt nicht das Personal in Ronneburg. Es wurde mir so gesagt.“ Das Krankenhaus Greiz sei mit aktuell 170 Betten gut ausgelastet. Die REHA-Klinik Ronneburg würde mit rund 30 € Verlust (pro Bett und Tag) arbeiten. Jedes Krankenhaus behält seine IK-Nummer. Jeder Arbeitsvertrag bleibt bestehen.

Auf letzteres reagieren die anwesenden Mitarbeiter mit Unmut, denn sie gehen davon aus, dass im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB der Bestandsschutz nur für ein Jahr gilt. Frau Schweinsburg verwies darauf, dass § 613a BGB nicht angewendet werden solle. „Wir haben Haustarifverträge, die Mitarbeiter beider Krankenhäuser sollen nach TVöD bezahlt werden, wir bekommen sonst keine neuen Mitarbeiter. Frau Vogel weist zutreffend darauf hin, dass die Mitarbeiter der geriatrischen Fachklinik alle zusatzqualifiziert sind. Auch sie vermisst ein klares, verbindliches Konzept. Frau Schweinsburg räumte nunmehr ein, dass der „Pflegekampus“ vom Tisch sei. Das war ein Notfallplan, wenn alles schief geht, könnte man das machen. Ein weiterer Mitarbeiter meldete sich zu Wort und begründet seine Sicht, dass ein klarer wirtschaftlicher Nachteil für das Ronneburger Krankenhaus entstünde: Die Außenstelle Greiz verursache Kosten (Personal, Miete, usw.), die Kosten in Ronneburg bleiben. Ronneburg habe damit weniger Patienten, denn das eingewiesene Viertel von Greiz bliebe gleich in Greiz.  Andere treibt die Frage um, dass in Greiz alle Therapeuten in das MVZ ausgelagert wurden, ob es in Ronneburg auch so wäre? Auch hier wiederholt Frau Schweinsburg, dass die Arbeitsverträge nicht angefasst würden. Hr. Schneider fragte nach dem Ersatzneubau und einer Zukunftsvision. Frau Schweinsburg sprach von einem Universalneubau, der für alle genutzt werden könnte. Von Quersubventionierung, die entfiele mit einer Fusion und von Einnahmen aus der Akutgeriatrie, von Planbetten und einer zu geringen Auslastung von nur 70 %. Während Mitarbeiter weiter nach und nach zu Wort kamen und sich über fehlende Planungssicherheit beschwerten und auch der Betriebsrat erklärte, man fordere schon die ganze Zeit Garantien und einen Interessenausgleich.

Der Interessenausgleich ist eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darüber, ob, wann und in welcher Weise eine geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll und  betrifft alle Fragen, die nicht in den Sozialplan gehören; z.B. können Umfang und Zeitpunkt einer Maßnahme, Umschulungsmaßnahmen und Beschäftigungsgarantien Das Verfahren über den Interessenausgleich ist in § 112 BetrVG geregelt. 

Auch der Gewerkschaftssekretär Motzke kam zu Wort und erklärte, mit Blick auf das Krankenhaus Schleiz sind die Ängste der Mitarbeiter nicht ganz unbegründet. Vertrauen muss miteinander aufgebaut werden. Fragen gehören schriftlich beantwortet.

Holger Steiniger (Fraktion die LINKE im Kreistag) habe sich zunächst mal Informationen besorgt und das Gespräch mit einem Fachmann, Sven Hempel, gesucht. Er sehe, dass das was geplant sei Sinn mache. Denn das SRH Waldklinikum Gera habe die Kliniken in Zeitz und Naumburg dazugekauft. Aktuell bringe das SRH 60 % unserer Patienten, wird in Zukunft aber alles tun, um die Patienten im eigenen Unternehmen zu halten, was eine kaufmännische Frage sei. Das Vogtland sei das Altersheim Sachsens. Man kann damit noch Weiteres heraus initiieren. Ihm ist wichtig, dass kommunale Krankenhäuser bleiben und diese nicht privatisiert werden. Es geht um die Stärkung des Krankenhauses Greiz, um es weiter auszubauen und zu stärken, aber auch um den Erhalt des Krankenhauses Ronneburg. Die Verhältnisse seien wie sie sind. Jeder Mitarbeiter behalte doch seinen Arbeitsplatz und verweist auf den am Montag, 04.04., vom Aufsichtsrat verfassten Mitarbeiterbrief. Er findet es schlimm, dass Stimmung gemacht wird gegen einander, dass Plakate gegen das Krankenhaus Greiz ausgehängt seien. „Führen wir die Fusion nicht durch, müssen wir auch mit den Konsequenzen leben. Wir müssen die Zukunft mit einander gestalten. Es gibt noch viel mehr Argumente.“

Viel Vertrauen der Mitarbeiter wurde offenbar von vornherein durch Geschäftsführung und Aufsichtsrat in schlechter Kommunikation und mit in der Betriebsversammlung genannten Zahlen verspielt. Dieses wieder zu gewinnen, dürfte sehr schwierig werden.

Deutlich wurde die Bürgermeisterin von Ronneburg und Kreistagsmitglied (CDU) Krimhild Leutloff. Eine solche Veranstaltung hätte es vor einem Jahr geben sollen. Sie sieht die Entwicklung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum schon seit Jahren gefährdet. Fachärzte kämen auch in Ronneburg nicht mehr nach. Es müsse dringend Geld der öffentlichen Hand bereitgestellt werden, wenn Krankenhäuser in Schieflage geraten. Sie sieht keine Eile für die Fusion. Dafür bräuchte jeder Unternehmer ein Konzept. Hier sei nichts. Auch der Stadtrat hätte ein Wörtchen mitzureden. Schon der Bau der REHA-Klinik sei überstürzt gewesen, ein Unternehmer muss schließlich vornweg wissen, was er mit seiner Investition macht. Es ist Aufgabe des Geschäftsführers diese Klinik mit Leben zu füllen. Sie unterstütze deshalb die Interessen der Mitarbeiter, klein anzufangen. Die Betriebskosten laufen schließlich. Auch das Pflegeentgelt könnte nachverhandelt werden. Man muss an den Tisch und reden. Wo anders läuft es doch auch. Sie könne dieser Fusion nicht zustimmen, wenn sie so viele Dinge nicht wisse.

Auch Ingo Kolbe (Bürgerliche Mitte Ostthüringen) stimmte mit ein, dass wenn alles geklärt wäre, man nicht zusammensitzen müsste. Alles sei aber von oben herab bestimmt worden. Die Geschäftsführer haben schließlich die Pflicht, die Sorgen und Nöte den Mitarbeitern abzunehmen.

Weshalb der Greizer Krankenhaus-Geschäftsführer Delker nunmehr zweiter Geschäftsführer im Ronneburger Krankenhaus sei, soll nach Aussagen der Landrätin zum Abbau von Informationsdefiziten führen. Er habe die Greizer Klinik saniert. Sie stellte klar, dass Delker vom Greizer Krankenhaus bezahlt würde und Ronneburg nicht noch dafür aufkommen müsse und bat um einen Vertrauensvorschuss für den Geschäftsführer. Die Mitarbeiter machen aber an derartigen Fakten den Eindruck fest, dass schon alles entschieden sei, wenn z.B. auch die Pflegedienstleiterin von Greiz durch das Haus geführt würde.

Dr. Ulli Schäfer (Fraktionsvorsitzender CDU) und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender erklärte, man habe nun zum Betriebsrat eine enge Kommunikation aufgenommen und nähme deren Befürchtungen und Fragen ernst, weshalb der Mitarbeiterbrief am Montag vom Aufsichtsrat gekommen sei. Er wünscht sich für die ländliche Versorgung seitens der Politik mehr Verständnis und Unterstützung und unterstrich, dass das Ronneburger Krankenhaus einen guten Ruf genieße. Er wünscht sich, dass die Mitarbeiter mitziehen und unterstützen.

Im Anschluss daran fanden informelle Gespräche untereinander statt.

IWA- Pro Region/ Andrea Jarling/ 06.04.2022

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