Fragen an den Bürgermeister Alexander Schulze bleiben offen
Die Gemeinsame Vereinbarung zur Finanzierung des Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach e.V. für die Jahre 2025 bis 2032 war erster Tagesordnungspunkt in der jüngsten Stadtratssitzung der Stadt Greiz.

Die Gemeinsame Vereinbarung zur Finanzierung des Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach e.V. für die Jahre 2025 bis 2032 war erster Tagesordnungspunkt in der jüngsten Stadtratssitzung der Stadt Greiz.
Es ging mithin um die zukünftige Sicherstellung der Finanzierung bis zum Jahr 2032. Im Grundsatz ist das auch alles richtig, denn ein Orchester braucht eine solide Finanzbasis. Die Finanzierungsvereinbarung soll die Lücke schließen, die -unter Abzug der eigenen eingespielten Einnahmen aus den Konzerten mit hoher Quote- dabei verbleibt. Weiterhin soll der derzeitige Haustarifvertrag, welcher dem Flächentarifvertrag von 60 % entspricht, schrittweise auf 85 % angehoben werden, was nachvollziehbar ist angesichts der Inflation und Preissteigerungen, aber das Finanzloch des Vereins verschärft. So steigen die Mehrausgaben für alle 6 Beteiligten, die diese Lücke schließen.
Nachdem der Kreistag Greiz Ende September bereits mit Mehrheit der Finanzierungsvereinbarung zugestimmt hatte, sollte nun der Stadtrat Greiz noch seinen Zustimmungsbeschluss herbeiführen.
Durch Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes in § 22 d wurde der Kulturlastenausgleich angepasst. Mit dieser Gesetzesänderung wird ab dem Jahr 2023 das Ziel verfolgt, dass diejenigen Kommunen, die gemeinsame mit dem Land Theater und Orchester institutionell fördern, besser in die Lage versetzt werden, die jährlichen Kostenaufwüchse, insbesondere Tarifanpassungen, und die Zahlung von Flächentarifen ihrer Finanzierungsanteile erbringen zu können. Die Stadt Greiz erhält von 2025 bis 2030 jährlich EUR 571.398. Laut Beschlussvorlagen in Kreistag und Stadtrat gelte die Finanzierungszusage verbindlich bis zum 31. Dezember 2030. Dies war dann Ausgangspunkt der Fragen zur Vertragsgestaltung. Eine Zusage ist nicht unbedingt zu verstehen als Zusicherung im Sinne eines schriftlichen Verwaltungsaktes, weshalb hier von mir nachgefragt wurde. Die als Theater- oder Orchesterpauschale benannte Landeszuwendung im o.g. Kulturlastenausgleich übersteigt von 2025 bis 2028 den von der Stadt Greiz als Festbetrag zu gewährenden Zuschuss zum Orchester. Erst ab 2029 zahlt die Stadt Greiz also mehr als sie diesbezüglich einnimmt. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass der sich ergebende Überschuss aus dem Kulturlastenausgleich zweckgebunden zur Zahlung an die Vogtlandphilharmonie für die Mitfinanzierung der Vogtlandhalle verwendet werden darf. Dies geht auch aus dem Vertrag ausdrücklich hervor.
Als „Option“ benannt ist die Finanzierung für 2031 und 2032, weil hier weder die Zuwendungshöhe des Freistaats Thüringen noch der Finanzbedarf des Orchesters mit weiteren Tarif- und Sachkostensteigerungen gegenwärtig bezifferbar ist.
„Die Finanzierungszusagen der Parteien gelten als verbindlich bis zum 31. Dezember 2030. Die Parteien werden die Finanzierung ab dem 01. Januar 2031 auf Basis der Zuwendungshöhe 2030 zuzüglich weiterer Tarif- und Sachkostenanpassungen bis zum 31. Dezember 2032 fortsetzen, wobei sie sich bis zum 31. Mai 2028 über die Höhe der Anpassungen verständigen.“
Nach dem Wortlaut des vorgenannten Vertragstextes ist hier aber eine klare, weitere Verpflichtung zur Weiterfinanzierung der Vogtlandphilharmonie bis 2032 benannt und lediglich die weitere Abstimmung über die Höhe des Finanzierungsanteils des Vertragspartners offen, wobei allen Beteiligten klar ist, dass dieser Zuschuss nicht unter der von 2030 (589.330 EUR) liegen wird.
Eine Option stellt eine Möglichkeit dar, eine Wahlmöglichkeit, eine Alternative. Das ist aber nach dem Wortlaut des Vertragstextes eindeutig nicht gewollt. Auf meine hierzu angebrachte Nachfrage bekam ich jedoch keine Antwort und damit keine Klarheit, was passiert, wenn die Stadt Greiz die Finanzierung nicht mehr leisten kann. Nach der hier vorgelegten Regelung wird die Stadt die Zahlung leisten müssen, ganz unabhängig, ob es dann noch solche Bonbons wie Kulturlastenausgleich gibt oder nicht.
Noch kritischer musste ich auf den Vertragstext „Reduzierung der Zuwendung“ eingehen:
„Eine Absenkung des Finanzierungsanteils des Freistaats Thüringen auf der einen oder der kommunalen Finanzierungspartner auf der anderen Seite berechtigt zu einer entsprechenden Absenkung des jeweils anderen Finanzierungsanteils.“
Dieses Problem stellt sich nicht. Es ist eine Festbetragsfinanzierung vereinbart. Ein Mangel an Geld kennt die öffentliche Hand nicht, Verträge auch öffentlich-rechtlicher Art sind einzuhalten. Jeder kennt den Grundsatz „Geld hat man zu haben“, wenn man vertragliche Verpflichtungen eingeht und diese letztlich erfüllen muss. Ich fragte nach, ob man da gewisse Konstellationen im Auge hätte, um diese Formulierung überhaupt erforderlich zu machen, zumal es in den Schlussbestimmungen auch noch das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gibt. Es mutet an, als sollte hier noch eine Variante zum Vertragsausstieg offen gehalten werden.
Auch hier blieb der Bürgermeister eine Antwort schuldig und begnügte sich mit dem Verweis, dass in den Ausschüssen alles ausführlich diskutiert worden sein soll. Was ist mit den Stadträten, die nicht in den Ausschüssen sitzen und dort kein Rederecht haben, so wie ich? Ich werde also nicht aufgeklärt über die Details und bekomme keine Antworten auf meine berechtigten Fragen. Das lässt nur einen Schluss zu, es gab an der Finanzierungsvereinbarung keine Verhandlungen der Parteien, der Vertrag wurde diktiert und das offensichtlich nicht von der Stadt Greiz. Wenn man über Vertragsklauseln gesprochen hätte, hätte unser Bürgermeister oder der an den Vertragsverhandlungen teilnehmende Vertreter etwas dazu sagen können. Die Aussage, dass der Vertragstext mit allen Vertragspartnern abgestimmt sei, lässt offen, inwieweit sich die Stadt Greiz hier wirklich um Änderungen in der Finanzierung bzw. ihres Anteils bemüht hat.
Dabei hatte der Stadtrat schon lange im Vorfeld einen Beschluss gefasst, mit dem der Bürgermeister beauftragt wurde, Vertragsverhandlungen zu führen mit der Maßgabe, dass ein neuer Finanzierungsschlüssel gefunden werden müsste. Darauf hatte auch unser Fraktionsvorsitzender Jens Geißler in der Stadtratssitzung wiederholt hingewiesen, der 1992 an der Fusion der beiden Orchester Greiz und Reichenbach zur Vogtlandphilharmonie maßgeblich beteiligt war. Damals war man ausgehend von einem Landkreis mit 56 T Einwohnern und einer Stadt Greiz mit 34 T Einwohner zu einer Quote bei der Aufteilung der ungedeckten Orchesterkosten mit 25 % des Freistaats Thüringen, 15 % des Landkreises und 10 % der Stadt Greiz gekommen. „Es hätte jetzt die einmalige Chance bestanden, die Finanzierung auf neue Füße zu stellen“, so Geißler. Denn Grundlage von Zuwendungen des Landes ist in der Regel die Einwohnerzahl. Inzwischen ist der Landkreis bei 96 T Einwohner und die Stadt Greiz bei rund 20.700. Das Verhältnis hat sich also völlig verschoben. Und noch ein Einwand der unerhört blieb ist berechtigt, dass die Stadt Greiz über die Kreisumlage nochmals die Kosten des Orchesters über den kreiseigenen Anteil mitfinanziert.
Wenn man fragt, ob man Kultur will oder nicht, geht es mir nicht so um das Grundsätzliche, sondern um die Frage, was wir uns als Stadt in der Zukunft leisten können oder ob es dann Einschränkungen / Einschnitte bei anderen Kostenstellen geben wird, insbesondere in den Jahren 2031 und 2032. Auch andere Vereine, die für das Leben der Menschen vor Ort wichtig sind, haben Sach- und Personalkosten, werden aber niemals einen staatlichen Zuschuss erhalten. Dieses Argument ist berechtigt, auch wenn man nicht das eine gegen das andere ausspielen will. Kultur ist auch nicht nur die Vogtlandphilharmonie oder die Vogtlandhalle.
Egal ob rechte Tasche oder linke Tasche, es bleiben, auch wenn es sich bis 2030 quasi rechnerisch um einen Durchlaufposten für die Stadt Greiz infolge des Kulturlastenausgleichs handelt, immer noch Steuermittel der Bürger. Das müssen wir Stadträte auch im Blick haben und immer die Einzelfinanzierung im Großen und Ganzen des Haushalts insbesondere auch für die Zukunft sehen. Deshalb gab es von der IWA-Pro Region nur Enthaltung.
Lesenswert ist auch der Artikel in der OTZ.
Andrea Jarling, 20.10.2023