Das Vergaberecht sei schuld, dass der Landkreis keinen Gaszulieferer hat, kritisiert Jens Geißler gestern in der OTZ.

Vergaberecht in Greiz: „Nicht immer das billigste nehmen“


Foto: Katja Grieser

Dass der Landkreis nach der Pleite seines Energieversorgers nun wahrscheinlich ein Vielfaches des ursprünglichen Preises für Gas bezahlen muss, sei hausgemacht, sagt der Greizer Unternehmer, Kreis- und Stadtrat Jens Geißler (IWA-Pro Region Interessengemeinschaft für Wirtschaft und Arbeit). Dabei bezieht er seine Kritik aber nicht unbedingt auf das Landratsamt, sondern auf die bundesweite Vergabepraxis, die schlichtweg nicht mehr zukunftsfähig sei.

Konkret geht es ihm um den Zwang, immer das wirtschaftlichste Angebot nehmen zu müssen. Das sei zwar nicht unbedingt das billigste, weil damit eigentlich nur das beste Preis-/Leistungsverhältnis gemeint ist, es laufe aber zumeist darauf hinaus. „Die Politik lernt einfach nicht, dass man nicht immer das Billigste nimmt“, sagt er auch als Firmenchef. Das Resultat sehe man jetzt beispielhaft am Landkreis Greiz.

Auftrag zwei Monate vor Insolvenz erteilt

Dort wurde noch im August 2021 nach europaweiter Ausschreibung die Otima Energie AG aus Brandenburg für die Lieferung von Strom und Gas beauftragt – mit rund 430 Kunden, davon 70 Prozent öffentliche Auftraggeber wie der Landkreis Greiz ein eher kleinerer Anbieter, aber der wirtschaftlich günstigste. Kurz darauf, im Oktober des gleichen Jahres, war die AG insolvent, auch weil, wie sie mitteilte, die explosionsartig angestiegenen Energiepreise nicht mehr bezahlt und aufgrund langfristiger Verträge nicht an die Kunden weitergegeben werden konnten.

Für Strom hat der Landkreis inzwischen eine Lösung gefunden, für Gas ist man immer noch auf der Suche. Klar ist aber auch schon jetzt, dass von massiven Preissteigerungen ausgegangen wird – vor allem beim Gas. Rechnet man beim Strom noch mit einer Verdreifachung (2021: rund 560.000 Euro, 2022: rund 1,1 Millionen, 2023: rund 1,5 Millionen), so wird vom Landratsamt beim Gas sogar von mehr als dem Achtfachen ausgegangen (2021: rund 580.000 Euro, 2022: rund zwei Millionen Euro, 2023: fast fünf Millionen Euro). „Am Ende bezahlt das der Steuerzahler“, warnt Geißler und kritisiert, dass die Vergabepraxis nicht geändert werde. „Das Problem wird immer nur verschoben, aber nicht an den Wurzeln angepackt.“ Zudem gibt er zu bedenken, was allein in der Kinder- und Jugendarbeit von dem Geld hätte getan werden können.

Auch mit seinen drei Firmen – der Orcom Holding GmbH, der Feutron Klimasimulation GmbH und der Blechtech GmbH – sei er immer mit dem Problem konfrontiert. Sei es, weil Konkurrenten in China billiger als seine Mitarbeiter produzieren könnten oder sei es, wenn er als wirtschaftlichstes Angebot den Zuschlag erhalte, er dann auch günstigere Bauteile einsetzen müsse, um eine Chance zu haben. Beides wahrscheinlich nicht im Sinne des Vergaberecht-Erfinders.

Tobias Schubert OTZ-Greiz: 25.10.2022,

https://www.otz.de/regionen/greiz/vergaberecht-in-greiz-nicht-immer-der-billigste-id236752149.html

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