Aus der Region: BesorgnisErRegEnde Nachrichten aus der Wirtschaft

Corona hat Krise nur beschleunigt: Greizer Firmenchef über die aktuelle wirtschaftliche Situation.

GREIZ.  Greizer Unternehmen haben nach dem Lockdown auf Besserung gehofft – vergeblich.

Firmenchef Jens Geißler spricht über die aktuelle wirtschaftliche Situation von Industrieunternehmen der Region.
Foto: Tobias Schubert

Sorgenfalten nehmen von Jens Geißlers Stirn Besitz, wenn er an die wirtschaftliche Zukunft vieler Firmen in Greiz und Umgebung denkt. Er ist Unternehmer und Vorsitzender des Industrieforums, ein lockerer Zusammenschluss von bis zu 15 Firmenchefs. Die sind regelmäßig miteinander im Gespräch und viele blicken beunruhigt auf die nächsten Jahre.

Nur kurzer Aufschwung spürbar

Schwierig sei es schon während des Corona-Lockdowns gewesen. „Jeder hat danach gehofft, dass es aufwärts geht“, so Geißler, der unter anderem Blechtech in Greiz und Feutron in Langenwetzendorf zu seinen Unternehmen zählt. Im Juli sei auch ein Aufschwung spürbar gewesen, „aber das war nur das, was von April, Mai und Juni nachgeholt werden musste“, sagt er. Im August sei die Auftragslage dann auf ein niedriges Niveau zusammengebrochen. „Corona war aber nur der Beschleuniger, die Strukturkrise brodelt schon viel länger“, betont Jens Geißler. Schuld dafür gibt der Greizer der Politik. „Deutschland versucht, die Welt zu retten, und dabei lassen wir vieles andere zu“, sagt er und meint damit beispielsweise das Forcieren des Umstiegs auf E-Autos. Gegen Umweltschutz habe er ja nichts, aber wenn dafür Urwälder abgeholzt werden, weil Rohstoffe für die E-Auto-Produktion gebraucht werden, dann habe das nichts mit Naturschutz zu tun. Zudem ist er überzeugt, dass die Sache mit den E-Autos hier nicht funktioniert, weil die Infrastruktur dafür einfach nicht da sei.

Eine Kettenreaktion

Gerade die Autoherstellung habe auch für hiesige Unternehmen eine immense Bedeutung. „70 Prozent der Mittelständler hängen an der Autoindustrie“, sagt Jens Geißler. Enorm viele Firmen sind in der Zuliefererbranche tätig. Wenn der Absatz der Fahrzeuge rückläufig ist, trifft sie das ebenso, das ist eine Kettenreaktion. „Und wer soll zurzeit ein Auto kaufen?“, fragt der Greizer. In den Altbundesländer sei es teils noch gravierender, weiß Geißler durch geschäftliche Kontakte. Da würde es in der Autoindustrie sogar schon Gehaltskürzungen geben, Urlaubs- und Weihnachtsgeld würde gestrichen werden. „Ich habe Bedenken, dass es mit dem Wohlstandsstaat Deutschland zu Ende geht“, blickt der Unternehmer besorgt in die Zukunft.

Politiker seien derzeit nur damit beschäftigt, mit Geld um sich zu werfen, Corona-Hilfen beispielsweise. „Sie versuchen eben alle, bis zur nächsten Bundes- oder Landtagswahl zu kommen. Aber bezahlen müssen das Ganze unsere Kinder“, betont der in der Kommunalpolitik Aktive und fährt fort: „Politiker müssen auch mal wieder das Wort sparen in den Mund nehmen.“

Preiskampf ist ausgebrochen

Weitere Nachteil für die deutschen Unternehmen sei, dass der Industriestandort relativ teuer sei. Da es zurzeit wenige Aufträge gebe, sei ein wahrer Preiskampf ausgebrochen – den in der Regel die ausländische Konkurrenz gewinne. Und dann hat Jens Geißler noch etwas festgestellt: „Viele Länder haben uns beim technologischen Knowhow längst überholt.“ Und er hat ein Beispiel parat. Wenn er von einer seiner Firmen zur anderen will, gibt es zwischen Greiz und Langenwetzendorf zwei Funklöcher. „Wenn ich während der Fahrt mit Auftraggebern aus dem Ausland telefoniere, fragen die mich, wo ich bin. Sie können eben nicht fassen, dass es so etwas in Deutschland noch gibt.“

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