Auf Wunder brauchen wir nicht zu warten!
Aktuell wird in sämtlichen Ausschüssen des Landkreises Greiz die zukünftige Haushaltssatzung für die Jahre 2023 und 2024 diskutiert. Die Verspätung liegt wohl auf der lange Zeit völlig unklaren Einnahmesituation bezogen auf den kommunalen Finanzausgleich 2023 und der Einnahmen zur Finanzierung der Ausgaben für die ukrainischen Flüchtlinge. Jedenfalls kann man bei der komplexen Materie weder der Kämmerin, Frau Becker, deren Team oder der Landrätin einen Vorwurf machen. Zeitgleich kann man in der OTZ lesen, wie sich auch die ersten Städte und Gemeinden auf den Weg machen, ihre Haushalte zu beschließen.

Die Märzsitzung des Stadtrates Greiz ist abgesagt in Ermangelung eines tragfähigen Haushaltsentwurfs, jedenfalls ist er noch nicht an uns Stadträte übergeben. So soll wohl das Gerüst stehen, aber trotz aller Sparmaßnahmen selbst am Büromaterial würde es gegenwärtig nicht gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen. Ursache ist die vom Landkreis Greiz angekündigte deutliche Erhöhung der Kreis- und Schulumlage um insgesamt 3,4 Prozent auf nunmehr 43,60 vom Hundert in 2023 und auf 45,5 vom Hundert in 2024.
Was bedeutet das? Trotz gestiegener Schlüsselzuweisungen des Landes Thüringen an die Stadt Greiz zur Deckung ihrer Kosten von 9,7 Mio EUR auf 10,7 Mio EUR steigt der Kreis- und Schulumlageanteil für die Stadt Greiz von 8,3 Mio in 2022 auf 9,592 Mio EUR, mithin wird dieser fast vollständig die Schlüsselzuweisungen verbrauchen. Die Kreis- und Schulumlage dient der Finanzierung der Aufgaben des Landkreises, die dieser für die Gemeinden erledigt.
Durch die Erhöhung der Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten, weshalb mehr Personaleinsatz erforderlich wird, den inflationären Preissteigerungen in allen Bereichen und auch die zu erwartenden tariflichen Personalkostensteigerungen und der Kreis- und Schulumlage bekommt Greiz den Haushaltsplan nicht ausgeglichen. Der Städte- und Gemeindebund hat deshalb bereits interveniert, dass die zwar gestiegenen Einnahmen der Gemeinden mit der Kostenlast und dem so typischen Investitionsrückstau nicht mehr zusammenpasst. Es ist daher nicht nur denkbar, sondern zu erwarten, dass Greiz zurück in die Haushaltssicherung fällt und Bedarfszuweisungen beim Land beantragen muss. Das sind rückzahlbare Überbrückungshilfen. Im Ergebnis verschlimmern diese die Lage durch Verschieben des Unterfinanzierungsproblems in die Zukunft.
Ähnlich steht das Problem in Zeulenroda, in Mohlsdorf-Teichwolframsdorf. Selbst in Langenwetzendorf gibt es erhebliche Probleme bei der Erstellung des Haushaltes. Als Grund für die Erhöhung der seit 2020 nicht gestiegenen Kreis- und Schulumlage, die im Vergleich zu den umliegenden Landkreisen noch im unteren Bereich angesiedelt ist, benennt das Landratsamt Greiz das Thüringer Finanzausgleichsgesetz (ThürFAG), das einerseits die Grundlage für die Zuweisungen des Landes an die Kommunen ist, aber das anderseits die dramatischen Ausgabensteigerungen bei den Kommunen keinesfalls abdecken könne und keine auskömmliche Finanzausstattung mehr gewährleiste, heißt es im Vorbericht zum Entwurf des Kreishaushalts. Wenig Änderungen habe es durch die Zuführung in Höhe von 50 Mio EUR zum Sondervermögen „Hilfen zur Bewältigung der Energiekrise und zur Überwindung der Folgen der Corona-Pandemie“ gegeben. Das reiche aber nicht aus. Abgesehen von der unzureichenden Finanzausgleichsmasse führe der neue Soziallastenansatz 2023 wiederum zu finanziellen Verlusten bei den Schlüsselzuweisungen für die Landkreise und wiederholt wie in den Vorjahren zu Verschiebungen zu Gunsten der kreisfreien Städte. Der finanzielle Nachteilsausgleich erfolgt durch Kompensationszahlungen aus dem Landesausgleichsstock, allerdings nur für eine Übergangszeit von 3 Jahren. Der Landkreis Greiz gehe dabei aber leer aus. Auch der Mehrbelastungsausgleich steigt nur um 6 EUR pro Einwohner hätte aber 23 EUR betragen sollen. In ganz Thüringen seien die Landkreise im Bereich des übertragenen Wirkungskreises massiv unterfinanziert. Obwohl gesetzlich in Art. 93 ThürVerf verankert, werden die Ausgaben für die Erfüllung der übertragenen staatlichen Aufgaben gerade nicht zu 100 % finanziert, trotz berechtigter massiver Kritik des Thüringer Rechnungshofs.
Der Landkreis rechnet und plant realistisch mit erheblichen Kostensteigerungen im Bereich der Sozialhilfe, bei der Jugendhilfe, bei den Unterkunftskosten für SGB II-Bezieher, berücksichtigt eine inflatorische Entwicklung bei den Bewirtschaftungskosten infolge der Energiekrise und kalkuliert -aus meiner Sicht viel zu niedrig- tarifliche Personalkostensteigerungen ein. Das führt dazu, dass der Landkreis seinen Haushalt letztlich nur unter weiterer Auflösung von Restreserven und unter deutlicher Erhöhung der Kreis- und Schulumlage ausgeglichen bekommt.
Das ist für die Gemeinden des Landkreises ein sehr bedeutender Fakt. Mit der Erhöhung der Kreis- und Schulumlage darf der Landkreis die Mindestausstattungen der Gemeinden (absoluter Kernbereich für eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Aufgaben mit etwa 5 % des Verwaltungshaushalts) nicht verletzen. Nach einer wegweisenden Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts Weimar vom 07.10.2016, 3 KO 94/12, findet daher jährlich eine Anhörung der Gemeinden statt, deren Ergebnisse dann abzuwägen sind. Nach dem Urteil müssen die Gemeinden wirtschaftlich in der Lage sein, nach Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben überhaupt noch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, da ansonsten von einer gemeindlichen Selbstverwaltung nicht mehr die Rede sein könne. Ein verfassungswidriger Eingriff liegt dann vor, wenn die Umlagequote jedes vernünftige Maß übersteige, der Kreis willkürlich handele und dies zu einer unzumutbaren Belastung der Finanzkraft führe. So ist also abzuklären, ob die Gemeinden eine „freie Spitze“ für freiwillige Aufgaben haben, Kassenkredite in Anspruch nehmen, über Rücklagen verfügen, ihre Realsteuerhebesätze für Grund- und Gewerbesteuer im Bereich des Durchschnitts des Landkreises haben, usw. Das dürfte bei der einen oder anderen Gemeinde schon problematisch sein.
In diesem Zusammenhang führt das Gericht aus, dass der gemeindliche Kernbereich nicht zugunsten des jeweiligen Kreises angetastet werden darf, auch nicht durch dessen Finanznot. Denn ist die eigene Finanzausstattung des Kreises unzureichend, so muss er sich seinerseits an das Land halten; er kann seine Finanznot nicht auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen, so BVerwG, Urteil vom 31.01.2013, 8 C 1/12. Die erforderliche Querschnittsbetrachtung der kreisangehörigen Gemeinden hat der Landkreis umfassend vorgenommen und abgewogen und im Vorbericht zum Haushalt auch breit dargestellt. So sieht der Landkreis, dass viele Gemeinden die vorhandenen Einnahmemöglichkeiten bei Grund- und Gewerbesteuern nicht voll ausschöpfe. Keine Gemeinde benötigte zur Sicherstellung der Liquidität per 01.01.2022 einen Kassenkredit. Von 34 stellungnehmenden Gemeinden verfügten wohl noch 31 über Rücklagen. So eben auch die Stadt Greiz, so dass der Landkreis durchaus zutreffend von seiner Möglichkeit der Umlageerhöhung Gebrauch macht. Selbst wenn die Stadt Greiz damit in die Haushaltssicherung aktuell käme, so wäre die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage nur dann verfassungswidrig, wenn die finanzielle Mindestausstattung im Rahmen eines strukturellen Defizits über einen mehrjährigen Zeitraum unterschritten würde. Für die Stadt Greiz trifft genau das aber nicht zu, ganz unabhängig, dass die letzten Jahre auch keine fetten Jahre waren.
Also darauf zu hoffen, dass die Kreistagsmitglieder mit den Mehrheiten von CDU und AfD den Haushalt ablehnen, letztlich ein niedrigeres Umlagesoll festgesetzt würde oder es auch eine erfolgreiche Anfechtung des Kreishaushalts mittels Normenkontrollverfahren beim Verwaltungsgericht Gera gäbe wären Wunder, auf die die Stadt Greiz und andere Gemeinden unseres Landkreises nicht zu warten brauchen.
Damit sind wir wieder am Punkt, den die IWA/Pro Region sowohl im Landkreis als auch in der Stadt Greiz seit Jahren anprangert, Kosten stets überprüfen und klug sparsam sein. Schlimm ist, dass überall infrastrukturell Investitionen hochgradig notwendig sind, aber kaum Geld da ist, die angefangenen Projekte noch zum Abschluss zu bringen. Landkreise und Gemeinden werden aktuell voll auf Verschleiß gefahren. Nun könnte man meinen, dass der Freistaat Thüringen, wie kürzlich durch die Medien geisterte, die Millionen-Überschüsse dafür einsetzen müsse. Beachtet man aber die Zeichen der Zeit in der Wirtschaft so ist klar, dass die nächsten Jahre diese Einnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen und deshalb das Land gut daran tut, einen Teil in Rücklagen zu schaufeln.
Irgendwie waren die Zeiten immer schwierig, die Haushalte immer auf Kante genäht usw. Auf diesem Niveau zu jammern hilft nicht. Bleiben wir also positiv! Die Kreativität des DDR-Bürgers ist gefragt, aus Nichts was zu machen. Es braucht Ideen und Vernunft, neue Stellschrauben bei den staatlichen Aufgaben und deren Finanzierung.
Andrea Jarling , Greiz den 05.03.2023
Hallo Andrea,
ein sehr guter Artikel.
Denk aber bitte daran, dass wir Zeulenroda-TRIEBES sind. Es ist ohnehin schon schwer die Vorteile der Fusion allen klar zu machen.